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Gebannte Gewalt

Andreas Kaps zur Ausstellung in der Galerie Nothelfer 1988

 

Zu Hermann Krauths Bildern drängen sich, wenn auch unter unterschiedlichen Blickwinkeln, zahlreiche Künstlernamen auf wie Willem de Kooning, Asger Jorn, Karel Appelt. Matta, Sutherland, Robert Motherwell, Jackson Pollock, Franz Kline, Klaus Stöhrer, Georg Baselitz und so weiter, also überwiegend Amerikaner, Skandinavier und Deutsche. Summarischer Stilrichtungsbottom: Tachistischer ikonenhafter abstrakter Expressionismus mit surrealen Qualitäten. Dennoch hat Krauth in seinen Bildern erfreulicherweise keine schlichte Synthese, sondern unverwechselbare Zwischenposition, autonome Abgrenzung, individuelle Gestaltung.

Nach einer Südamerikareise 1981, wo er ungläubig-verblüfft die Allgegenwart von Gewalt, Generälen und Guerillas zur Kenntnis nahm, die latente Angst der Bevölkerung spürte und das irrsinnige Gefälle zwischen Arm und Reich in allen sozialen und psychologischen Folgeerscheinungen erstmals wahrnahm, wurde  Krauths Malerei präziser. Vorher hatte der schöngeistige Sartre-Kenner eher sanfte hochschultypische Themen gepflegt wie räumliche Interieurs in l'art-pour-l'art-Manier, Akte und - quasirevolutionär - Mülltonnen. Aber seiner Malerei fehlte bis dato der thematische Impetus, der der rein malerischen Könnerschaft und Talentübung die nötige Interessensubstanz und den Schwung von Sinnqualität verleiht.

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Aber seine südamerikanischen »Generäle« erweckten dann gleich über den schmalen Hochschulrahmen hinausgehende Aufmerksamkeit in Kunstmarktkreisen. Auch Themen wie Serien von Köpfen oder Gesichtern, machten den Schüler von Petrick und Stöhrer bekannter. Seine aus der malerischen Bewegung gewonnenen Erkenntnisse, seine dynamisch vegetativen, teilweise symmetrischen oder in den Zeichnungen fast skripturalen Form- und Farbexpressionen, voll von plastischer, narrativer und malerischer Energie, zeigen unterschiedliche Ambitionen sublimer, gebildeter Aggressivität. Gleichgültig, ob Köpfe, Embleme oder vegetative Formassoziationen auf der Bildfläche vorherrschen, das seriell erarbeitete Bildthema bändigt die Wahrscheinlichkeit der anarchischen, fragenden Malweise.

In den nun in der Galerie Nothelfer gezeigten Werken erreicht Krauth durch die Beschränkung auf die Farben Rot-Weiß-Schwarz eine noch größere Aufmerksamkeit für die Formendynamik und Themenselektion der Bilder. In den dargestellten Folter und Kreuzigungsszenen wird der aggressive Akt der Bedingtheit von Sensibilität und Notwendigkeit der Katharsis so weit gesteigert, daß nur der heftig wilde Pinselduktus, der Malgestus, Gefilde religiöser Verlogenheit vermeidet.

Krauth malt ehrliche Bilder. Exstatische Sublimierung von verdrängter Gewalt auf der Bildfläche. Das ist künstlerische Moral. Auch in seinen kleineren Zeichnungen bleibt diese Läuterung erkennbar. Krauth wirkt (vielleicht bedeutet dies auch eine intellektuelle Leistung), obwohl auch ein Maler der heftigen Generation, schon sehr abgeklärt. Man darf dennoch und gerade deswegen wohl auch auf seine weitere Themenentwicklung gespannt sein.

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