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Zu den "Kreuzigungen"

Hermann Krauth zum Thema "Gewalt" im Katalog zu seiner
Ausstellung in der Galerie Nothelfer, Berlin 1987

 

Ab 1982 wurde meine Malerei durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema "Gewalt" im Sinne zwischenmenschlicher gewaltsamer Auseinandersetzung bestimmt. Auslösend und inspirierend war eine vorausgegangene Reise durch mehrere Länder Zentralamerikas.

Dort beeindruckte mich die ständige Gegenwart von Gewalt, Unterdrückung, Aggression und Widerstand bzw. Gegengewalt. Ich setzte mich in meiner malerischen Arbeit mit der dort herrschenden teils offenen, teils verschleierten bürgerkriegsähnlichen Situation auseinander. Diese manifestierte sich etwa in Guerilla-Aktionen oder dem Wirken von Todesschwadronen, bis in die heutige Zeit übrigens. Es entstanden Bildserien zu Themen wie "Generale", "Guerilleros", "Verfolgung", "Folterung" oder "Kreuzigung". Die bei den letztgenannten Serien stellen im bildnerischen Zentrum einen einzelnen Menschen als Opfer von Tortur dar, um den sich weitere Figuren, die Folterer, gruppieren. Ich variierte Komposition, Bildaufbau und Farbigkeit, dabei regten mich auch die Gemälde mittelalterlicher Meister wie Grünewald und Memling oder die Bilder italienischer Renaissancemaler an. Einige Male stellte ich in diesem Zusammenhang auch einen einzelnen Gefolterten, Geschundenen wie im Öflinger-Bild dar. Diese Figuration ist für mich Sinnbild des leidenden Menschen, des Opfers von Gewalt. Der rot-schwarze Hintergrund unterstreicht eine unheilvoll-nächtliche Spannung, im Vordergrund hängt ein blutüberströmter, kaum noch menschlicher Körper. Der harte, reduzierte Farbkontrast entspricht der Härte der Situation. Die Folterer sind gegangen und lassen ihr Opfer zurück.

Das Bild wird in seiner Einfachheit und Prägnanz zur Chiffre für Gewalt.

Aus Karl-Christoph Epting/Paul Gräb, BOTSCHAFTEN, Ausstellungskatalog,
Moritz Schauenburg-Verlag, Lahr/Schwarzwald

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